An der Börse greift die Krise vom Aktienmarkt auf US-Staatsanleihen über - ein Alarmzeichen, das zuletzt auf dem Höhepunkt der Corona-Krise zu beobachten war. Investoren bezweifeln offenbar, ob US-Schulden noch ein sicherer Hafen für ihr Geld sind.

Der Crash am Aktienmarkt ist ärgerlich für Donald Trump. Nicht nur viele US-Bürger, deren Altersvorsorge in Aktien steckt, sind besorgt. Auch wichtige Unterstützer, wie Elon Musk oder Hedgefonds-Milliardär Bill Ackmann, haben viel Geld verloren und äußern sich plötzlich öffentlich kritisch. Ein ganz anderes Kaliber ist jedoch der Anleihe-Markt. Dieser Teil des Finanzmarktes, auf dem US-Staatsanleihen und andere Schuld-Titel gehandelt werden, kann Regierungen in die Knie zwingen oder gar stürzen.

Berühmtestes Opfer dieses auch als "Bond Vigilantes", als "Anleihe Bürgerwehr" bezeichneten Marktes war die britische Kurzzeitpremierministerin Liz Truss. Als ihr Finanzminister 2022 einen offenkundig unhaltbaren Haushaltsplan vorstellte, signalisierte der Anleihe-Markt, dass er nicht bereit sei, die dafür notwendigen Schulden zu finanzieren. Der Minister kassierte umgehend seinen Plan, trat zurück, die Notenbank stabilisierte den Markt. Truss konnte sich danach nur noch wenige Tage im Amt halten.

Auf diesem Markt schrillen in den USA infolge von Trumps Zollpolitik gerade die Alarmglocken. Investoren werfen die traditionell als sicherer Hafen betrachteten US-Schuldpapiere in großem Stil aus ihren Depots. Die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen stieg im Gegenzug zum fallenden Kurs der Papiere auf 4,111 Prozent nach 3,990 Prozent. Damit lag sie auf dem höchsten Niveau seit Ende Februar. Auch die Renditen 30-jähriger US-Anleihen legten um fast 0,60 Prozentpunkte innerhalb von drei Tagen zu - das ist der stärkste Anstieg seit 1981.

Gewöhnlich bewegen sich die Kurse der US-Staatsanleihen in entgegengesetzter Richtung der Aktienkurse. Fallen - wie derzeit - die Aktienkurse, steigt meist die Nachfrage nach den US-Schuldtiteln, denn diese werden von Investoren als sicherer Hafen für ihr Geld genutzt. Mit der größeren Nachfrage steigen die Kurse, und das bedeutet bei Anleihen, dass die Rendite - der zu erwartende Gewinn der Käufer - sinkt. Derzeit aber fliehen offenbar die Anleger gleichzeitig aus Aktien und aus US-Anleihen. Das war so zuletzt auf dem Höhepunkt der Corona-Krise an den Börsen zu beobachten.

Jeder Basispunkt erhöht die Finanzierungskosten der USA um Milliarden

"Der Ausverkauf könnte ein Hinweis sein, dass US-Treasuries nicht mehr als sicherer Hafen im globalen Rentenmarkt gelten", sagte Ben Wiltshire, Stratege beim Finanzdienstleister Citigroup. Marktexpertin Susannah Streeter von Hargreaves Lansdown spricht von zunehmendem Pessimismus im Markt, nachdem die 104-prozentigen Zölle der USA auf Waren aus China in Kraft getreten seien. "Die Volatilität hat die Anleihe-Märkte erfasst, die Anleger beginnen offenbar damit, Geld abzuziehen, um sich auf das vorzubereiten, was als Nächstes kommen könnte", sagt sie.

Ein weiterer Grund für die sinkenden Kurse dürfte sein, dass etwa große Hedgefonds gezwungen sind, Staatsanleihen zu verkaufen. Als Reaktion auf die starken Kursschwankungen der vergangenen Tage verlangen Kreditgeber zusätzliche Sicherheiten - sogenannte Nachschussforderungen. Wer diese Sicherheiten nicht schnell genug bereitstellen kann, ist gezwungen zu verkaufen, um Schulden zu begleichen. Genau das passiert jetzt offenbar in großem Stil.

Für die US-Regierung bedeutet dies, dass sie mehr Geld ausgeben muss, um ihr Haushaltsdefizit zu finanzieren. In diesem Jahr steht zudem die Refinanzierung von Staatsanleihen im Umfang von mehreren Billionen Dollar an. Jeder Basispunkt mehr Rendite, das entspricht 0,01 Prozentpunkten, bedeutet für die USA einen Anstieg der Zinsbelastung um viele Milliarden Dollar. Das könnte den Spielraum für die von Trump versprochenen großen Steuersenkungen verringern. Zudem wirken sich die Renditen der US-Staatsanleihen auf andere Bereiche der Wirtschaft aus. Immobilienfinanzierungen dürften ebenso teurer werden wie Unternehmenskredite, was die ohnehin gestiegene Rezessionsgefahr in den USA weiter erhöht.

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