Trumps Zölle sind auch eine Chance für die EU
Die von der US-Regierung eingeführten Stahl- und Aluminiumzölle nehmen europäischen Produzenten ins Visier. Laut Chefvolkswirt de la Rubia sind die Auswirkungen allerdings überschaubar. Gerade die nachgelagerten Industrien könnten sogar profitieren.
Der Stichtag ist gekommen. Ab heute gelten die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte in Höhe von 25 Prozent. Auch bisher existierende Ausnahmen für Waren aus Ländern der Europäischen Union werden laut einer Anordnung aus dem Vormonat ausgesetzt. Die EU-Kommission reagiert mit Vergeltungszöllen. Damit bahnt sich ein Ping-Pong im Handelskonflikt an. Ab April sollen EU-Extrazölle auf die Einfuhr amerikanischer Produkte wie Bourbon-Whiskey, Jeans, Motorräder, Boote und Erdnussbutter fällig werden. Weitere Gegenmaßnahmen würden dann nach Abstimmung mit den EU-Mitgliedstaaten Mitte April folgen, heißt es.
Die USA sind für Europa und Deutschland zwar ein wichtiger Handelspartner. Aus dem Zollstreit ergibt sich laut dem Chefvolkswirt der Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia, allerdings auch die Chance, sich stärker auf den Rest der Welt zu konzentrieren und Handelsabkommen mit Mercosur und Indien voranzutreiben. "Eine Freihandelsregion ohne die USA zu etablieren, geht nicht von heute auf morgen und sicher wäre es besser, wenn die Vereinigten Staaten mit an Bord wären", sagt de la Rubio ntv. Die Bemühungen würden sich aber lohnen. "Letztendlich hätte man trotzdem einen Wettbewerbsvorteil gegenüber den USA, da es sich mit globalen Lieferketten viel besser operieren lässt."
Nach Angaben der EU-Kommission treffen die neuen US-Zölle Exporte der EU im Gesamtwert von 26 Milliarden Euro, was in etwa fünf Prozent der gesamten Warenexporte der EU in die USA entspricht. "Die direkten Auswirkungen der Zölle auf die Stahl- und Aluminiumindustrie sind nicht so groß, weil nur ein kleiner Teil der Exporte dieser Industrie wirklich in die USA geht", sagt de la Rubia. Deutschland exportiere beispielsweise nur etwa drei Prozent in die USA.
Brüssel hält Tür für Gespräche offen
Stahl ist das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft. Rund ein Fünftel der Vorleistungskäufe des Maschinenbaus und 12 Prozent des Fahrzeugbaus entfallen laut der "Wirtschaftsvereinigung Stahl"auf die Stahlbranche. Wichtige Abnehmersektoren sind außerdem die Elektrotechnik, das Baugewerbe sowie die Stahl- und Metallverarbeitung. Die Stahl- und Aluminiumindustrie und viele nachgelagerte Sektoren sind durchaus bedeutsam. "Insofern wäre es nicht gut, wenn große Exporteure wie China, Südkorea oder Brasilien durch Umlenkungseffekte jetzt noch mehr Stahl in die EU pumpen würden und daraufhin das Preisniveau absinkt", sagt de la Rubia. Andererseits gelte auch: "Gerade die nachgelagerten Industrien könnten von den niedrigeren Preisen profitieren und so ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern."
Trotz der ersten Gegenmaßnahmen und scharfer Kritik an der Entscheidung von Trump hält Brüssel die Tür für Gespräche offen. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betont, dass sie weiter bereit sei, mit der US-Regierung an einer Verhandlungslösung zu arbeiten. "Wir sind fest davon überzeugt, dass es in einer Welt voller geopolitischer und wirtschaftlicher Unsicherheiten nicht in unserem gemeinsamen Interesse ist, unsere Volkswirtschaften mit Zöllen zu belasten", sagte sie.
Deswegen hat die EU laut Chefvolkswirt de la Rubia auch beschlossen, dass ihre Gegenzölle erst ab dem 1. April greifen sollen. "Europa möchte eine Eskalation im Handelsstreit eigentlich vermeiden. Sie ist für alle schädlich und am Ende gibt es nur Verlierer." In Kanada habe man gesehen, wie sich Zölle und Gegenzölle gegenseitig hochschaukeln können. Das wolle die EU vermeiden. "Mit einer Ankündigung wird die Drohkulisse aber erst einmal aufrechterhalten."
Zölle sind eine riskante Strategie
Die nun von der US-Regierung eingeführten Stahl- und Aluminiumzölle sind die ersten in Kraft getretenen Strafmaßnahmen seit dem Beginn von Trumps zweiter Amtszeit, die die EU direkt ins Visier nehmen. Fachleute halten Zölle für eine riskante Strategie, um einen Handelskonflikt auszutragen, weil dies vor allem die Verbraucherpreise ansteigen lässt und damit die Normalbürger am meisten trifft. Auch die Wettbewerbsfähigkeit amerikanischer Unternehmen, die auf ausländische Waren angewiesen sind, kann unter den Zöllen wegen der höheren Produktionskosten leiden.
Trump hatte die Zölle nach eigenen Aussagen zum Schutz der amerikanischen Stahl- und Aluminiumproduzenten verhängt. Ihm wird allerdings auch nachgesagt, sie seien für ihn vor allem Verhandlungsmasse. Nach Einschätzung von de la Rubia handelt es sich bei den aktuellen Zöllen allerdings tatsächlich um Schutzzölle. "Trump will die Stahl- und Aluminiumindustrie vor ausländischer Konkurrenz schützen und noch stärker ausbauen." Das könnte ihm sogar vielleicht gelingen. "Er nimmt dafür allerdings in Kauf, dass andere Sektoren, die eh schon stark angeschlagen sind, wie die Automobil- oder die Luftfahrtindustrie, enorm leiden werden."
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