Beim russischen Angriffskrieg auf die Ukraine kommen je länger, je mehr sogenannte Glasfaserdrohnen zum Einsatz. Die Drohnen werden von beiden Seiten eingesetzt – und sie seien derzeit die grösste Sorge an der ukrainischen Front, schreibt die Zeitung «The Guardian». Drohnenexperte Roland Siegwart erklärt die Funktionsweise und weshalb die Drohnen für ihn nur eine Übergangslösung darstellen.

SRF News: Weshalb werden Glasfaserdrohnen eingesetzt?

Roland Siegwart: Bis jetzt wurden ferngesteuerte Drohnen eingesetzt. Entweder direkt wie bei einem Modellflugzeug oder mit Brillen. Beide Systeme brauchen eine Kommunikation, zum Teil mit Satelliten und zum Teil direkt mit der Drohne. Diese Kommunikation kann gestört werden. An der Front kamen vermehrt solche Störsender zum Einsatz, deshalb musste man neue Lösungen finden.

Wie funktionieren die Glasfaserdrohnen?

Grundsätzlich sind es die gleichen oder ähnliche Glasfasern, welche man auch in den Häusern für die Internetverbindung benutzt. Durch das Glasfaserkabel gehen in beide Richtungen Signale durch. Die Kabel sind sehr dünn und man kann sie an der Drohne aufrollen. Wenn die Drohne wegfliegt, rollt das Seil oder dieses Kabel ab, das kann über mehrere Kilometer geschehen. Das Kabel liegt anschliessend auf den Bäumen oder dem Feld und garantiert die Kommunikation zur Drohne und zurück.

Legende: Ein ukrainischer Soldat mit einer Glasfaserdrohne. Keystone/VITALII NOSACH

Welche Vorteile haben Glasfaserdrohnen gegenüber anderen Drohnen?

Die Drohnen sind nicht störbar. Störsender sind wirkungslos, weil das Signal in diesem Lichtleiter drin ist. Man hat stets eine zuverlässige Kommunikation mit der Drohne.

Bisher eingesetzte Drohnen sind sehr anfällig für Störsignale.

Wie anfällig sind die bisher eingesetzten Drohnen für Störsignale?     

Sie sind sehr anfällig. Bisher waren aber nicht alle Frontlinien mit solchen Störsystemen ausgerüstet. Nun musste man sich nach neuen Möglichkeiten umschauen.      

In welcher Reichweite können die Glasfaserdrohnen eingesetzt werden?         

Aktuell beträgt die Reichweite ein paar Kilometer. Ich gehe davon aus, dass derzeit weitere Distanzen getestet werden. Umso weiter man fliegt, umso mehr Kabel muss man abrollen. Schlussendlich könnte es auch eine Kostenfrage werden. Das Kabel muss auf der Drohne selber mitfliegen, man kann es nicht hinten nachziehen. Deshalb braucht es für längere Distanzen auch grössere Drohnen, und da ergibt es eventuell keinen Sinn mehr, dies so zu lösen.

Legende: Kabelspulen für Glasfaserdrohnen in einem Depot in der Region Kiew. Keystone/MARIA SENOVILLA

Unter welchen Umständen könnten die Glasfaserdrohnen dennoch entdeckt oder zerstört werden?

Teilweise wird dies bereits heute schon gemacht. An Frontlinien werden Netze aufgespannt. Die Drohnen fliegen typischerweise relativ tief, dass man sie nicht sieht und auch nicht abschiessen kann. Netze können diese Drohnen aber problemlos auffangen. Man kann auch spezifisch auf die Glasfaserkabel schauen und diese durchschneiden. Dann wäre die Kommunikation ebenfalls unterbrochen.

Drohnen werden in Zukunft noch viel autonomer.

Sind Glasfaserdrohnen die Zukunft oder bloss eine Übergangslösung?

Für mich sind sie eine Übergangslösung, weil Drohnen in Zukunft noch viel autonomer werden. Drohnen haben heute typischerweise bereits eine Kamera drauf, speziell, wenn man sie fernsteuern möchte. Mithilfe dieser Kamera kann ich die Drohne und auch die Umgebung wahrnehmen. In Zukunft werden Drohnen wahrscheinlich auch über längere Distanzen fliegen können und wissen immer, wo sie sind.

Das Gespräch führte Oliver Kerrison.

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