Darum geht es: Millionen Afghaninnen und Afghanen leben seit Jahrzehnten im Nachbarland Pakistan, wo sie Schutz vor Krieg und Konflikten in der Heimat suchten. Nun verschlechtern sich die Beziehungen zwischen Pakistan und der Taliban-Regierung weiter. Islamabad macht die vielen Afghanen für die vermehrten Terrorangriffe im Land und an der Grenze verantwortlich und hat sie Anfang März aufgefordert, das Land innerhalb von drei Wochen zu verlassen. Es ist bereits die zweite grosse Abschiebekampagne. Das Programm zur «Rückführung illegaler Ausländer», das sich anfänglich gegen nicht registrierte Geflüchtete gerichtet hatte, setzt Pakistan bereits seit November 2023 um.

Die Betroffenen: Pakistan hat beschlossen, rund 800'000 Afghaninnen und Afghanen wegzuweisen, die im Besitz einer sogenannten «Afghan Citizen Card» sind, einer Art temporärer Aufenthaltsgenehmigung. Diese wird nicht mehr anerkannt, was die Betroffenen offiziell zu Illegalen macht. Viele sind laut UNO seit Anfang April freiwillig gegangen, aus Angst vor Abschiebehaft und Demütigungen durch afghanische Sicherheitskräfte und nach Berichten über Durchsuchungen und Erpressungen. Pakistan hat nach eigenen Angaben seit Ende März über 80'000 afghanische Staatsangehörige ausgewiesen. Laut UNO sind die meisten Ausgewiesenen Frauen und Kinder. Bis Ende des Jahres sollen gemäss Regierungsplänen alle Afghaninnen und Afghanen Pakistan verlassen. Das wären bis zu drei Millionen Menschen.

Legende: Afghanische Rückkehrer aus Pakistan kommen am 12. April 2025 im temporären Flüchtlingslager im Spin-Boldak-Bezirk in Kandahar (Afghanistan) an. Das Taliban-Regime in Kabul verurteilte die forcierte Ausweisung seiner Landsleute durch Pakistan bereits mehrfach. KEYSTONE/EPA/QUDRATULLAH RAZWAN

Pakistan und die Taliban: Pakistan fühlt sich von der internationalen Gemeinschaft bei der Versorgung der Millionen von Geflüchteten alleingelassen. Das Land hat selbst viele Probleme mit Armut und Arbeitslosigkeit und ist wirtschaftlich sehr schlecht aufgestellt. Die Lage akzentuierte sich nach der erneuten Machtübernahme durch die Taliban im Jahr 2021, als wiederum Zehntausende ins Nachbarland flohen. Beobachter vermuteten, dass Islamabad nun den Druck auf die Taliban erhöhen will und zugleich seine innerpolitischen Probleme auf dem Rücken der Schwächsten austrage, sagt Franziska Amler, ARD-Korrespondentin in Neu-Delhi. Fakt seien aber auch die massiven Unruhen an der Grenze. Verschiedene militante Gruppen, die zwischen den beiden Ländern zirkulieren, sorgten im letzten März für den blutigsten Monat überhaupt.

Der Appell aus Kabul: Die Taliban-Regierung fordert Pakistan auf, den Besitz der jetzt ausgewiesenen Menschen zu schützen und zu respektieren. Zurückkehrende sollten ihr Vermögen mitnehmen dürfen, heisst es in einer Erklärung des afghanischen Aussenministeriums. Die Rede ist auch von «brüderlichen Beziehungen» zwischen den Ländern. Laut Amler versuchen die Taliban zu deeskalieren, weil sie Hunderttausende Rückkehrer gar nicht versorgen könnten und Pakistan militärisch massiv unterlegen wären.

Die Folgen: Für viele ausgewiesene Afghaninnen und Afghanen sei die Rückführung ein Albtraum, denn viele hätten gehofft, nach Europa oder in die USA ausreisen zu können, so Amler. Nun müssten sie in ein Land in Armut zurück, das wirtschaftlich am Boden liegt und unter internationalen Sanktionen isoliert sei. Dazu kommt die Kürzung der US-Hilfsgelder, welche die Not nochmals massiv verschärft. Die Aussichten auf Wandel in Afghanistan sind gering unter der islamistischen Taliban-Herrschaft.

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