Deutschland soll Chemiestandort Nummer 1 werden – Industrie erwartet Tempo
- Mit verschiedenen Maßnahmen, wie niedrigeren Netzentgelten, will die Regierung der Chemieindustrie helfen
- Chemieverbände dringen auf eine schnelle Umsetzung
- Die Unterstützung bleibt dennoch unter Finanzierungsvorbehalt
"Uns steht das Wasser bis zur Stirn", sagt Christopher Profitlich von den Stickstoffwerken Piesteritz, einem der größten Chemieunternehmen in Mitteldeutschland. Sollten Union und SPD die Chemieindustrie so stärken, wie sie es im Koalitionsvertrag planen und etwa die Gas-Speicher-Umlage umsetzen, würde das Wasser nur noch bis zum Kinn stehen, erklärt er.

"Das heißt wir könnten wieder atmen, aber man kann sich noch nicht so richtig entfalten, aber man überlebt zumindest", sagt Profitlich. "Für uns als Unternehmen mit einem Umsatz von etwa 800 Millionen Euro bedeutet allein diese Umlage ungefähr eine Belastung von 40, 45 Millionen Euro pro Jahr und die muss einfach weg."
Maßnahmen zur Stärkung der Chemieindustrie
Im Koalitionsvertrag finden sich noch weitere Punkte, die der Chemieindustrie helfen sollen. Profitlich hebt besonders den Industriestrompreis, niedrigere Netzentgelte und den Bürokratie-Abbau hervor. Alles wichtige Faktoren, sagt er - noch stünden die aber erstmal nur auf gedrucktem Papier. "Es gilt das jetzt in Gesetze umzuformen, damit es auch sofort wirkt. Es heißt jetzt nicht mehr nur ein Problem erkennen, sondern auch wirklich angehen."
Ähnlich sieht es die Hauptgeschäftsführerin des Verbands Nordost-Chemie, Nora Schmidt-Kesseler. Die Zielsetzung im Koalitionsvertrag sei sehr gut. Um im internationalen Vergleich wieder Land gewinnen zu können, brauche es aber die Sicherheit, dass in Deutschland wettbewerbsfähig produziert werden könne. „Dazu brauchen wir gute Rahmenbedingungen, auch Rahmenbedigungen, die schnell verbessert werden", sagt sie. Die Senkung der Strom- und der Gaskosten sei Punkt Nummer eins. "Aber wir brauchen auch Versorgungssicherheit. Diese Maßnahmen sind ganz dringend."
Unterstützung bleibt unter Finanzierungsvorbehalt
Wie alle Punkte im Koalitionsvertrag stehen aber auch die Maßnahmen für die Chemieindustrie unter dem Finanzierungsvorbehalt. Schmidt-Kesseler ist dennoch zuversichtlich, dass sie am Ende auch umgesetzt werden. "Uns ist klar, dass der Bund nicht unendliche Ressourcen hat. Es muss priorisiert werden und umgesetzt, was möglich und nötig ist. Wir setzen darauf, dass bei der Frage - Was schafft Wachstum? - die Maßnahmen für die Wirtschaft ganz vorne stehen."
Hauptgeschäftsführerin der Nordost-Chemie-Verbands, Nora Schmidt-Kesseler.Bildrechte: picture alliance/dpa | Hannes P Albert
Wir setzen darauf, dass bei der Frage - Was schafft Wachstum? - die Maßnahmen für die Wirtschaft ganz vorne stehen.
Die Chemiegewerkschaft IGBCE stört sich dagegen deutlich mehr am Finanzierungsvorbehalt. Vorsitzender Michael Vassiliadis fordert von Union und SPD schnellstmöglich Klarheit.
"Tolle Sachen aufzuschreiben und ständig zu wiederholen, dass es unter Finanzierungsvorbehalt steht, macht das Ganze nicht vertrauenswürdiger", kritisiert er. "Das muss in den nächsten Wochen beendet werden und wir müssen eine klare Roadmap haben, was jetzt wie schnell und wann kommt und wie es finanziert ist. Sonst wird das Ganze zum ewigen Streit."
Trotz der Kritik ist Vassiliadis vom Koalitionsvertrag überzeugt. Wenn alles so kommt, wie es in dem Papier steht, sagt er, wäre das ein sehr starkes Signal für die deutsche Chemieindustrie.
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