GPS-Navigation bald überflüssig? Bosch und die große Technik-Revolution
Der Technologiekonzern Bosch arbeitet an einer Revolution der Sensor-Technik, dabei spielen Quantentechnologie und Diamanten eine wesentliche Rolle. Die neuen Sensoren sollen das Potenzial haben, unterschiedlichste Bereiche grundlegend zu verändern – von der Navigation von Flugzeugen über die Medizintechnik bis zum Bergbau.
Ab Anfang der 2030er-Jahre sollen die ersten Produkte für diese drei Branchen auf den Markt kommen. Das wird aber nur der Anfang sein. „Dieser Sensor kann Dinge, die bislang noch kein anderer Sensor konnte, sodass man auch gar nicht richtig vorhersehen kann, in welchen Bereichen noch Veränderungen möglich sind“, sagt Katrin Kobe, Geschäftsführerin von Bosch Quantum Sensing, im Gespräch mit WELT.
Die neuen Quantensensoren können Magnetfelder in einer bisher nicht gekannten Präzision messen. Grundlage dafür sind Diamanten, die winzige Verunreinigungen durch Stickstoff-Atome aufweisen. Diese Diamanten erhält Bosch Quantum Sensing von Element Six, einem Hersteller künstlicher Diamanten, der zum Branchenriesen De Beers gehört. Element Six hat sich mit 25 Prozent an der Bosch-Tochter beteiligt.
„Die Technologie hat in Europa einen sehr hohen Stellenwert und die Forschung ist hier führend. Wir haben hier Zugriff auf ganz spezielle Fachkräfte. Die Standortvoraussetzungen sind sehr gut“, sagt Kobe.
Die 2022 gegründete Sensor-Tochter von Bosch nutzt Wissen aus der Forschung des Konzerns, um konkrete Produkte daraus zu entwickeln. Ziel sei es, die Sensoren in entsprechenden Losgrößen herstellen zu können, mit einer großen Zuverlässigkeit, sagt die Firmenchefin.
In der Massenproduktion sollen die Quantensensoren noch deutlich kleiner werden
„Es handelt sich um ein hochkomplexes System, das es in der Miniaturisierung, wie wir sie haben, noch gar nicht gibt. Wenn Sie etwas miniaturisieren, das auf dem Labortisch sehr gut funktioniert, stoßen Sie an Herausforderungen, die Sie vorher gar nicht gesehen haben.“ Derzeit haben die Sensoren die Größe eines Smartphones. Ziel ist, sie auf Computerchip-Größe zu verkleinern.
Funktioniert die Massenproduktion der Bauteile, dann könnten sie unter anderem die Satelliten-Navigation über GPS ergänzen oder in Teilen überflüssig machen. „In der Flugzeugnavigation kann man mit dem Sensor das Erdmagnetfeld messen und entlang dieses Magnetfelds navigieren. Man braucht dann kein GPS-Signal“, erklärt Kobe. An den Polen der Erde gebe es beispielsweise keine gute Abdeckung von Satellitensignalen.
Auch innerhalb des Körpers können die Sensoren weit detailliertere Messergebnisse liefern als die bisherige Medizintechnik. Anders als ein EKG funktioniere ein Magnetkardiogramm (MKG) mit Quantensensor berührungsfrei. „Außerdem bekommen wir eine zusätzliche Information über das Magnetfeld im Herzen, weil der Sensor die Richtung des Feldes messen kann“, sagt Kobe.
Als dritten Anwendungsfall plant Bosch, die Sensoren bei der Suche nach Bodenschätzen einzusetzen. Viele Rohstoffvorkommen unter der Erde hätten „magnetische Signaturen“, die man mit den neuartigen Sensoren sehr empfindlich messen könne, sagt Kobe. Das teste man gerade.
Den großen Technologiesprung sagt die Physikerin noch nicht für den Anfang des kommenden Jahrzehnts, sondern erst für später voraus. Das hänge vor allem mit der öffentlichen Wahrnehmung zusammen: „Die Aufmerksamkeit für diese Technologie wird in der nächsten Dekade drastisch wachsen. Je mehr Anwendungen wir finden, desto mehr wird es das Leben der Menschen verändern.“
Bosch ist nicht das einzige Unternehmen, das an der Kommerzialisierung von Quantensensoren arbeitet. Auch US-Konzerne wie Honeywell und die Rüstungsunternehmen Lockheed Martin und Northrop Grumman arbeiten in diesem Bereich.
Daneben gibt es eine Menge Start-ups, die sich mit Quantentechnologie befassen. In Deutschland zählt dazu beispielsweise Q.ant, eine Tochter des Maschinenbauers Trumpf. Kobe lobt Deutschland, es sei für Quantensensorik ein sehr guter Standort.
Daniel Zwick ist Wirtschaftsredakteur und berichtet für WELT über alle Themen aus der Autoindustrie.
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