Deutsche Brücken drohen „im laufenden Betrieb“ einzustürzen, warnt Brücken-Experte
Der Dresdener Brücken-Experte Steffen Marx hat die Politik davor gewarnt, dass weitere Brücken in Deutschland einstürzen könnten, wenn die Wartung der Bauwerke nicht verbessert wird. „Wenn wir unseren Unterhalt der Brücken nicht ändern, werden wir noch mehr Einstürze im laufenden Betrieb haben“, sagte der Bauingenieur-Professor der TU Dresden dem „Tagesspiegel“.
„Wir gehen mit unseren Brücken ähnlich wie die Amerikaner um: Wir bauen sie, und dann vergessen wir sie“, sagte Marx weiter. Zwar würden Brücken in Deutschland regelmäßig inspiziert, aber kaum repariert.
Wenn nun immer mehr Brücken in einen schlechten Zustand kämen, sei es eine Frage der Zeit, bis eine Brücke, die die Prüfer noch für gerade so ausreichend standfähig hielten, trotzdem im laufenden Betrieb kollabiere, warnte Marx.
„Wir haben eine Kombination aus der unsichersten und der teuersten Strategie“
In Deutschland bedeute Sanierung bisher meistens abreißen und neu bauen, so Marx in dem Gespräch auf die Frage hin, ob denn das geplante Sondervermögen einen Unterschied machen werde. „Das heißt, wir vernichten die Restwerte dieser Bauwerke vollständig. Wir reißen ab und bezahlen noch dafür, den Schutt zu deponieren. Danach bauen wir von null an wieder ein neues Bauwerk auf. Das ist das Teuerste, was man tun kann“, so Marx in dem Gespräch weiter. Er betonte: „Wir haben eine Kombination aus der unsichersten und der teuersten Strategie.“
Des Weiteren forderte der Bauingenieur ein grundsätzliches Umdenken der Politik. Es sei klüger, viel früher einzugreifen und Brücken mit relativ wenig Aufwand zu sanieren, um sie wieder in die beste Zustandskategorie zu bringen.
Weniger Kosten, mehr Sicherheit
„Brücken bleiben die ersten drei bis fünf Jahrzehnte meist in der besten Zustandskategorie. Aber danach altert das System immer schneller, und auch der Wertverlust wird immer größer. Das ist bei allen technischen Systemen so, nur über unterschiedliche Zeiträume. Beim Handy sind es drei Jahre, bei einer Brücke vielleicht 100“, führte Marx in dem Gespräch weiter aus.
Führe man aber regelmäßige Reparaturen und Wartungen aus, lasse sich bares Geld sparen. „Dann kriege ich wieder einige Jahrzehnte sichere Betriebszeit, bis sich der Zustand wieder verschlechtert. Es würde weniger kosten und es wäre sicherer“, so Marx.
Ohne diesen Strategiewechsel fürchtet Steffen Marx, dass das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für Infrastrukturinvestitionen ausgegeben wird, die Infrastruktur danach aber nicht in einem besseren Zustand sein wird.
Marx gilt als einer der führenden Brücken-Experten Deutschlands. Er hat auch das Gutachten zum Einsturz der Carolabrücke in Dresden geschrieben.
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