Alle drei Monate erobern "Hexen" das Börsenparkett: Am großen Verfallstag beginnen die Kurse zu tanzen, zum Schrecken mancher Anleger. Zauberei steckt allerdings nicht dahinter, dafür aber eine ganze Menge anderer Dinge.

Der deutsche Aktienmarkt durchlebt unruhige Zeiten. Die von manchen Marktteilnehmern erhoffte Frühjahrsrally erweist sich als instabil. Der Leitindex Dax steht voll unter dem Bann der geopolitischen Umwälzungen. Kurz vor dem Wochenende müssen sich Anleger zusätzlich auf größere Kursausschläge einstellen.

Grund ist der sogenannte "Große Verfallstag" an der Terminbörse Eurex. Der findet viermal im Jahr statt, jeweils am dritten Freitag im März, Juni, September und Dezember. Wegen der häufig unvermittelt heftigen Kursreaktionen sprechen Börsianer auch vom "dreifachen Hexensabbat". Die Bezeichnung folgt dem Namen des US-Pendants "Triple Witching Day".

An einem großen Verfallstag werden zahlreiche wichtige Terminkontrakte fällig: Abgerechnet werden unter anderem auch Futures auf den Deutschen Aktienindex Dax. Im "dreifachen Hexensabbat" verfallen gleich drei Arten von Anlagen: die Optionen auf Einzelaktien, die Optionen auf Indizes und die Terminkontrakte auf Indizes - daher auch der Name "Großer Verfall". Am "kleinen Verfallstag" werden lediglich die Optionen auf Aktien und den Dax fällig. Einen "kleinen Verfall" gibt es jeden Monat, jeweils am dritten Freitag.

Grob zusammengefasst können sich Anleger an folgende Regeln halten:

  1. Die Terminkontrakte auf Börsenindizes - also der Dax-Future oder der MDax-Future - verfallen nur alle drei Monate, immer am Ende eines Quartals.
  2. Die Optionen auf Einzelaktien und Indizes verfallen dagegen alle vier Wochen. Das nennen Börsianer den "Kleinen Verfall".
  3. Viermal im Jahr treffen die beiden Ereignisse zusammen. Die Kursverwerfungen überlagern sich zum "Großen Verfall".
  4. Verfallstermin ist jeweils am dritten Freitag des betreffenden Monats.
  5. Die Preise für Aktien-Optionen werden zum Xetra-Handelsschluss festgestellt. Die Preise für die Index-Optionen und -Futures schon am Mittag ab 13.00 Uhr.
  6. Die Umsätze sind an Verfallstagen relativ hoch.

Seit dem letzten großen Verfall im Dezember hat der Dax einen beeindruckenden Aufstieg hingelegt. Auf gut 15,5 Prozent beläuft sich das Plus im ablaufenden ersten Quartal. Damit hat sich der deutsche Leitindex deutlich besser entwickelt als der Eurostoxx50. Zum Vergleich: Der US-Standardwerteindex Dow Jones gab im gleichen Zeitraum um 1,39 Prozent nach.

Wer tanzt am Hexensabbat?

Hat ein Investor einen Future-Kontrakt auf Aktien, Indizes, Anleihen oder Devisen abgeschlossen, verpflichtet er sich, zu einem bestimmten Termin ein solches Finanzprodukt zu einem festgelegten Preis zu beziehen oder zu veräußern. Wird die Option bis zum letzten Handelstag nicht ausgeübt, verfällt sie. Dabei unterscheidet man zwischen Call (Kaufoption) und Put (Verkaufsoption).

Am Hexensabbat hoffen Investoren auf eine letzte Chance, ihre Termingeschäfte kurz vor dem Verfall zu möglichst günstigen Kursen aufzulösen. Mit gezielten Käufen oder Verkäufen versuchen manche Marktteilnehmer, die Notierungen der Wertpapiere zu heben oder zu drücken. In welche Richtung die Händler die Kurse bewegen, hängt davon ab, ob sie sich in ihren Termingeschäften verpflichtet haben, Wertpapiere zu verkaufen oder zu kaufen.

Durch die strategischen Aktionen der Händler schwellen die Umsätze vor allem am dreifachen Hexensabbat in der Regel deutlich an. Außerdem kann es zu kräftigen Ausschlägen bei Aktienkursen und -indizes kommen. Das Umsatzvolumen einer Aktie kann am Hexensabbat das durchschnittliche Maß um das Siebenfache übersteigen.

Der Markt bläht sich auf

Beim zurückliegenden Termin im Dezember 2024 zum Beispiel ging der Dax am Ende des Tages 0,4 Prozent tiefer bei 19.885 Punkten aus dem Handel. Gehandelt wurden an diesem Tag allein im Dax knapp 136 Millionen Aktien im Wert von 7,2 Milliarden Euro. Wer immer auch in den vergangenen Wochen über dünne Geschäfte geklagt hat, dem dürfte ein Hexensabbat also hinreichend Anlass zur Freude geben.

Der Handel erreicht an solchen Tagen üblicherweise ungefähr das doppelte Volumen regulärer Börsentage. Zwei Auktionen am Verfallstag legen den Preis, das sogenannte Settlement, für den Future auf den Dax fest. Dabei wird auch der Basispreis für die Optionen auf den Dax festgelegt. In der Schlussauktion verfallen die Aktien-Optionen. In dieser Auktion wird der Basispreis für die Aktien festgelegt, der wiederum über Gewinn oder Verlust des Optionsgeschäftes entscheidet.

Mit Besen, dem Brocken oder Goethes Faust hat der Hexensabbat an der Börse also wenig gemein. "Grundsätzlich ist es einer von vier Freitagen, an denen Aktienoptionen, Indexoption und Indexfutures an einem Tag verfallen. Das bedeutet für den Markt, dass er sehr unberechnenbar ist und es sehr hohe Preisschwankungen gibt", beschreibt Börsenhändler Oliver Roth die praktische Bedeutung des Tages. Die Kurse wirken daher manchmal "wie verhext".

Nicht immer übrigens findet der Hexensabbat an einem Freitag statt. Im Jahr 2008 zum Beispiel tanzten die Kurshexen im Frühjahr ausnahmsweise an einem Donnerstag über das Parkett. Der dritte Freitag im letzten Monat des ersten Quartals fiel auf den Karfreitag vor Ostern - an diesem Tag bleiben die Börsen in Deutschland jedoch feiertagsbedingt geschlossen. In diesem Jahr steht Ostern erst weit im April an.

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