Die von US-Präsident Donald Trump angedrohten und eingeführten Zölle auf kanadische Produkte sorgen für grosse Verunsicherung. So auch in Windsor, der südlichsten Stadt Kanadas.

Dort, in einer Werkhalle ausserhalb der Stadt, erklärt ein Mitarbeiter eine hochpräzise Maschine. Es ist eine Fünf-Achs-Maschine. Sie schneidet komplexe Strukturen aus Stahlblöcken.

Legende: Stahlform zur Herstellung von Kotflügeln in der Firma Laval International. SRF/Andrea Christen

Am Boden befindet sich eine Hälfte einer fertigen Form für einen Auto-Kotflügel und Frontlichter. Die Abnehmerfirma wird damit serienweise die Front von Lastwagen herstellen.

Die Unsicherheit ist immens

Das Unternehmen Laval International hat sich unter anderem auf diese Stahlformen spezialisiert. Jonathan Azzopardi leitet das Familienunternehmen mit rund 80 Angestellten. Alle seine Produkte werden in die USA geliefert – direkt, oder eingebaut in Fahrzeugen.

So kann man kein Unternehmen führen.
Autor: Jonathan Azzopardi Chef des Familienunternehmens Laval International

Azzopardi muss derzeit viel Unsicherheit aushalten. «Wenn wir mit der Produktion anfangen, wissen wir nicht, ob zum Zeitpunkt der Auslieferung Zölle in Kraft sein werden oder nicht. So kann man kein Unternehmen führen», klagt er.

Die kanadische und die US-Wirtschaft sind eng verflochten. Nordamerikanische Freihandelsabkommen haben das möglich gemacht. Das letzte wurde 2018 von Präsident Trump unterzeichnet.

Jetzt werden wir mit Zöllen für den Freihandel bestraft.
Autor: Jonathan Azzopardi Chef des Familienunternehmens Laval International

«Freihandelsabkommen haben zum Ziel, dass fein abgestimmte Lieferketten über die Grenze hinweg gebildet werden. Wir haben genau das getan. Und jetzt werden wir mit den Zöllen dafür bestraft», sagt Firmenchef Azzopardi.

Detroit ist gleich ennet dem Fluss

Etwa 20 Auto-Minuten von der Laval-Werkhalle entfernt treiben Eisschollen unter der Ambassador Bridge hindurch. Sie wölbt sich über den Detroit River, hinüber in die Vereinigten Staaten.

Legende: Die Ambassador Bridge führt über den Detroit River hinüber in die USA und die Metropole Detroit. SRF/Andrea Christen

Ein Lastwagen fährt über die fast 100-jährige Hängebrücke. Im letzten Jahr nahmen 2.3 Millionen Lastwagen diesen Weg – etwa ein Viertel des Handels zwischen den USA und Kanada wird über diese Brücke abgewickelt.

Die Skyline der Grossstadt Detroit ragt am anderen Flussufer auf, nur etwa einen Kilometer entfernt. Ein Strassentunnel führt von Windsor in die Innenstadt von Detroit. Flussabwärts soll bald eine neue Brücke eröffnet werden.

Ableger von US-Autoherstellern in Windsor

Die Nähe zum historischen Zentrum der US-Autoindustrie brachte Windsor wirtschaftliche Vorteile: Vor gut 120 Jahren öffnete eine Ford-Fabrik auf der kanadischen Seite. In der Folge entstand das Arbeiterquartier namens Ford City.

Legende: Das Arbeiterquartier Ford City verdankt seinen Namen der US-Autofabrik, die vor 120 Jahren im kanadischen Windsor angesiedelt wurde. SRF/Andrea Christen

Ford produziert heute noch Motoren in Windsor. Stellantis, ehemals Chrysler, fertigt hier gewisse Autos. Die Zölle könnten die US-Autounternehmen bald dazu veranlassen, ihre Produktion in die USA zu verlagern.

Zwar dauert es einige Zeit, neue Autofabriken in den USA zu bauen. Trotzdem sei die Wirkung von Zöllen auf Autos und Autobestandteilen unmittelbar, glaubt Bürgermeister Drew Dilkens.

Die Autohersteller könnten schon innert einer Woche anfangen, ihre Fabriken herunterzufahren.
Autor: Drew Dilkens Bürgermeister von Windsor/Kanada

«Ich erwarte, dass die Autohersteller innert einer Woche anfangen, ihre Fabriken herunterzufahren.» Und die Hersteller von Autoteilen würden schon bald Angestellte entlassen, weil die Abnehmer fehlen.

Trump scheint es zumindest in Kauf zu nehmen, Kanada in eine Rezession zu stürzen. Doch selbst, falls er nur bluffen sollte: Die Drohungen, das Hin und Her, sorgen für grosse Unsicherheit.

 

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