Betrugsrekord unter Fahrschülern – das sind die dreistesten Tricks
Die Täuschungsversuche bei den theoretischen Führerscheinprüfungen erreichen in Deutschland einen Rekordwert. Im vergangenen Jahr sind sie um zwölf Prozent auf 4198 Fälle gestiegen. Vor fünf Jahren waren es noch weniger als 2300 Täuschungsversuche. Die Zahl der Theorieprüfungen selbst stieg nur um 1,5 Prozent.
Das geht aus den aktuellen Daten des TÜV-Verbandes auf Grundlage von Erhebungen der „TÜV | DEKRA arge tp 21“ hervor. „Ergaunern sich die Fahrschüler ihren Prüfungserfolg und verfügen nicht über die entsprechenden Kenntnisse im Straßenverkehr, birgt das ein erhebliches Risiko für die Sicherheit anderer“, warnt Richard Goebelt, Fachbereichsleiter Fahrzeug & Mobilität beim TÜV-Verband.
Besonders alarmierend sei, dass Fahrschüler beim Mogeln in fast sechs von zehn Fällen professionell vorgingen. „Die Zusammenarbeit mit Dritten, Passmissbrauch oder Urkundenfälschung sowie der Einsatz ausgefeilter technischer Hilfsmittel zeugen von einem hohen Maß an krimineller Energie“, sagt Goebelt. So verstecken Prüflinge entsprechende Technik in FFP2-Masken, überkleben Fotos auf Personalausweisen, tragen Funkempfänger im Ohr oder Kameras in der Brille oder Krawatte.
Bei jedem dritten Täuschungsversuch sei Technik im Spiel. Bei jedem vierten Versuch wurden die Ausweisdokumente so gefälscht, dass der gemeldete Prüfling nicht mit der Person übereinstimmte, die dann die Prüfung abgelegt hat. Fast 40 Prozent wurden mit anderen Hilfsmitteln wie Spickzettel erwischt.
Gemessen an der Zahl der Prüfungen wird in Hamburg am meisten geschummelt, gefolgt von Berlin. Die mit Abstand niedrigste Anzahl gibt es in Mecklenburg-Vorpommern. Allerdings handelt es sich hier um statistische Werte, die möglicherweise auch widerspiegeln, wo die Prüfer am stärksten kontrollieren.
Der TÜV-Verband fordert, aus dem Anstieg Konsequenzen zu ziehen. „Fahrerlaubnisbehörden sollten den rechtlichen Rahmen konsequent ausschöpfen und scharfe Sanktionen verhängen“, fordert Goebelt. Denn tatsächlich sind die Sanktionen gering. Zwar können Fahrerlaubnisbehörden nach einem Täuschungsversuch eine Sperrfrist von bis zu neun Monaten verhängen. Doch diese Möglichkeit wird nach Angaben des Verbandes nur selten genutzt und die maximale Dauer kaum ausgeschöpft.
Rekordzahl an Führerscheinprüfungen
Das Schummeln werde – mit Ausnahme der strafrechtlich relevanten Stellvertreter-Täuschung – weder als Straftat noch als Ordnungswidrigkeit geahndet. Die Abschaffung der Mindestsperrfrist von sechs Wochen im Jahr 2022 habe das Problem verschärft. Das solle vom Gesetzgeber korrigiert werden, fordert der TÜV-Verband.
Insgesamt wurden den Daten zufolge nie so viele Führerscheinprüfungen abgelegt wie im vergangenen Jahr. Die Theorieprüfungen haben die Marke von zwei Millionen geknackt. Die Praxisprüfungen legten auf 1,79 Millionen zu. Fast acht von zehn Theorieprüfungen und gut sieben von zehn Praxisprüfungen wurden für den Pkw-Führerschein abgelegt. Doch ein großer Teil der Prüflinge fällt durch. Über alle Führerscheinklassen hinweg sind es in der Theorie 41 Prozent und in der Praxis 30 Prozent.
Beim Pkw-Führerschein, Klasse B, ist die Durchfallquote noch höher, in der Theorie sind es 45 Prozent und in der Praxis 37 Prozent. Damit stagnieren diese Werte auf hohem Niveau. In Berlin und Sachsen-Anhalt fällt in dieser Klasse sogar jeder zweite Prüfling in der Theorie durch, während es in Hamburg nur 36 Prozent sind. Dafür ist in Hamburg die Durchfallquote in der Praxisprüfung mit 48 Prozent besonders hoch. Den Bestwert bei der Praxisprüfung verzeichnet Schleswig-Holstein mit nur 32 Prozent Durchfallern.
Die hohen Quoten führen dazu, dass im vergangenen Jahr bei den Pkw-Fahrschülern fast vier von zehn Theorieprüfungen ein Wiederholungsversuch war, bei den Praxisprüfungen waren es gut drei von zehn Versuchen. Wer wiederholt, hat es statistisch besonders schwer zu bestehen. Denn bei der Theorie-Wiederholungsprüfung fallen dann gleich 56 Prozent durch. Erst nach dem vierten Versuch haben mit 96 Prozent fast alle bestanden. Bei den praktischen Wiederholungsprüfungen scheitern 42 Prozent.
„Jeder gescheiterte Versuch steigert die mentale Belastung der Betroffenen und führt zu weiteren Kosten“, sagt Goebelt vom TÜV-Verband. Offenbar sind die Fahrschüler nicht ausreichend auf die Prüfungen vorbereitet. Der Verband fordert daher verbindliche elektronische Lernstandskontrollen in den Fahrschulen.
Außerdem müsse die Fahrausbildung weiterentwickelt werden. „Der angekündigte Entwurf des Bundesverkehrsministeriums zur Modernisierung der Fahrschüler-Ausbildungsordnung kann hierfür die Grundlage schaffen.“
Der Verband sieht da auch das begleitete Fahren ab 17 (BF17) als Erfolg an. Hier können Fahrschüler ihre Theorieprüfung bereits frühestens drei Monate und die praktische Prüfung frühestens einen Monat vor ihrem 17. Geburtstag machen. Bestehen sie die Prüfungen, können sie ab ihrem 17. Geburtstag fahren, wenn eine mindestens 30-jährige Begleitperson im Fahrzeug ist, die ihren Führerschein bereits seit fünf Jahren besitzt. Die volle Fahrerlaubnis ohne Begleitung erhalten sie dann mit 18 Jahren.
Den TÜV-Daten zufolge schneiden junge Prüflinge bei den Prüfungen deutlich besser ab als ältere. Sind sie unter 18 Jahren, fallen von ihnen nur 36 Prozent bei der Theorieprüfung durch, neun Prozentpunkte weniger als der Durchschnitt der Pkw-Fahrschüler.
Bei der praktischen Prüfung sinkt die Durchfallquote bei den unter 18-Jährigen auf 24 Prozent und damit sogar 13 Prozentpunkte unter dem Durchschnitt. Bei den 18- bis 24-Jährigen hingegen fallen 52 Prozent bei der Theorieprüfung durch.
Thomas Heuzeroth ist Wirtschaftsredakteur in Berlin. Er berichtet über Verbraucher- und Technologiethemen, Unterhaltungselektronik und Telekommunikation.
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